Sie eilte ins Badezimmer und warf einen Blick in den Spiegel. Er hatte es nun einmal gern, wenn sie gepflegt aussah, wenn er erschien, nicht etwa abgehetzt, wie einen berufstätige Frau, die sich außerdem noch um den inzwischen kinderlosen Haushalt kümmert. Etwas Rouge und Lippenstift aufgelegt, einmal mit dem Kamm durch die schulterlangen Haare, dann konnte sie noch einen Blick in die Zeitung werfen, um auch wirklich ruhig und entspannt auszusehen.

Nur mäßig interessiert blätterte sie die Titelseite um. Langsam reichten ihr die täglichen Hiobsbotschaften aus der Politik. Ihre Augen glitten über die Schlagzeilen hinweg. Da, ganz unten auf der Seite sprang ihr eine fette Überschrift auf blauem Grund in die Augen “Mach deinen Mann glücklich”! Was war denn das nun wieder für eine hirnrissige Reklame? Aha, frau sollte eine Karte für’ s Fußballspiel kaufen und somit dem Manne ein Glücksgefühl verschaffen. Sie verzog ihr Gesicht zur Grimasse. Ja, wenn das so einfach wäre, wie herrlich!

Bedauerlich war nur, das sich ihr Mann nicht für Fußball interessierte, da er ihn für einen ‘Proletensport’ hielt. Nicht einmal bei anderen tolerierte er irgendeine Begeisterung für dieses sportliche Ereignis, wie sie aus eigener, bitterer Erfahrung wusste. Zufällig war sie es nämlich, die gern ab und zu mal in ein Stadion ging, um sich von der Stimmung mitreißen zu lassen. Bei ihrem intellektuellen Mann jedoch musste sie solche Bedürfnisse verschweigen.

Den Französichkurs für Fortgeschrittene dagegen, den sie mit ihm besuchte, hasste sie wirklich inzwischen aus vollem Herzen, wie sie beim Nachdenken mit leisem Erstaunen feststellte. ‘ Ob er mit der kleinen Rothaarigen aus seiner Dienststelle auch französich parliert, wenn er wieder einmal Überstunden macht’? fragte sie sich mit einem ironischen Grinsen.

Und alle die Bücher, die sie nur deshalb las, damit man im gelehrten Bekanntenkreise über sie und die Literatursendungen zum Thema auch mitreden konnte. Sie schnaubte verächtlich vor sich hin. Tat sie nicht alles, um ihren Mann glücklich zu machen? Man denke an die anstrengenden Bildungsreisen, während sie oft viel lieber einfach in der Sonne gelegen hätte, um sich zu erholen. Das alles machte sie mit, um ihn glücklich zu machen, oder nicht? Vielleicht auch nur, damit er sich nicht mit ihr blamieren musste? Wie hatte ihre Tochter noch vor dem Auszug zu ihr warnend gesagt: “Lass dich ja nicht immer so klein machen von ihm, Mama.”

Immerhin hatte sie durchgesetzt, einmal in der Woche in den Chor gehen zu können, auch wenn dort nicht sehr viel Anspruchsvolles gesungen wurde. Sie liebte den Zusammenhalt und die gemeinsame Anstrengung auf ein Ziel hin, das tat ihr Mann nicht. Er war ein Einzelgänger und hatte letztlich stets etwas an den anderen auszusetzen.

Eigentlich wusste sie garnicht, was ihn glücklich machte. Die Überstunden vielleicht? Im Grunde glaubte sie auch das kaum. Denn auch der Sex schien ihm mehr ein Mittel zum Zweck der Steuerung anderer als wirkliches Vergnügen zu sein. Am Ende wusste er selbst nicht, was ihn glücklich machte? Dann ging es doch letztlich nur um eines: sie musste, -entgegen den Predigten der Mutter, die ihr dieses eingeredet hatte-, nicht ihn, sondern sich selbst glücklich machen.-

Als er die Wohnung betrat, brannte nur im Flur eine Lampe. Darüber wunderte er sich, ging jedoch sogleich ins Esszimmer. Hier standen Teller und Besteck für eine Person mit Glas und der Weinflasche, dazu ein großer Zettel: “Bin mit Monika im Kino, du brauchst nicht zu warten, wir gehen später essen. Bis morgen.” Ärgerlich zerknüllte er den Zettel und warf ihn in den Papierkorb: hätte er das gewusst, dann hätte er sich bei der kleinen Rothaarigen nicht so zu beeilen brauchen.

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